„Faust“ auf der Bühne: Ein intensives Theatererlebnis für Schüler*innen des Gymnasiums „Gleichense“
„Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust.“ – Johann Wolfgang von Goethes berühmter Vers aus „Faust. Der Tragödie erster Teil“ wurde am 22. Mai 2025 auf beeindruckende Weise im Nationaltheater Weimar inszeniert. Die Schüler*innen der Klassenstufe 11 des Gymnasiums „Gleichense“ sowie die Lehrerinnen Frau Borth, Frau Sobieraj und Frau Zeigner starteten um 8:15 Uhr mit dem Bus in Ohrdruf und erlebten ein Theaterstück, das Tradition mit moderner Interpretation vereinte.
Die moderne Umsetzung des Theaterklassikers überraschte viele der rund 800 Zuschauer*innen. Regisseur Jan Neumann und sein Team schufen eine Inszenierung, die mit starken Bildern, eindrucksvoller Musik und aktuellen Bezügen arbeitete. Faust wurde doppelt besetzt – als alter Faust (Sebastian Kowski) und junger Faust (Fabian Hagen), die gemeinsam die innere Zerrissenheit der Figur verkörperten. Mephistopheles erschien ebenfalls in doppelter Gestalt: weiblich (Nadja Robiné) und männlich (Krunoslav Šebrek) – ein spannender Bruch mit traditionellen Rollenbildern.
Im Zentrum der Tragödie steht der Gelehrte Heinrich Faust, der unzufrieden mit seinem Wissen und Leben einen Pakt mit dem Teufel Mephistopheles schließt. Getrieben von Sehnsucht nach Erkenntnis, Lust und Leben, verführt er das junge Mädchen Margarete, Gretchen genannt (Luise von Stein), was schließlich in deren gesellschaftlichem und persönlichem Zerbruch endet. Das Drama behandelt existenzielle Themen, wie Sinnsuche, Schuld und Verantwortung – Themen, die auch heute noch aktuell sind.
Die Weimarer Inszenierung des Regisseurs Jan Neumann überraschte mit kreativen Einfällen, einem modernen Bühnenbild (Matthias Werner), einem starken Sounddesign (Christian Annemüller, Uwe Kohlhaas) sowie einem ausgeklügelten Licht- und Videokonzept (Johannes Winde, Jörg Hammerschmidt).
Gleich zu Beginn sorgte eine kraftvolle Szene mit Turner*innen und einem rennenden, oberkörperfreien Mann (später der junge Faust) für Aufmerksamkeit. Sie symbolisierte den Leitgedanken „höher, schneller, weiter“ und leitete direkt in Fausts existenzielle Krise über.
Besonders eindrucksvoll waren Szenen wie die Verwandlung des Pudels in Mephistopheles mithilfe von Rauch, Licht und Musik, der Besuch im Auerbachs Keller mit Brüllgesang von Ballermann-Hits wie „Layla“, die moderne Hexenküche mit Lemuren und der Hexe (Jasmin Beckemeier), die plötzlich aus einem Kühlschrank kam. Einen ganz speziellen Effekt hatte der Einsatz von Medien – Videos, Live-Kameras und Beamerprojektionen wurden genutzt, um Gretchens gesellschaftliche Ausgrenzung, nachdem sie schwanger wurde, visuell zu verstärken.
Genauso interessant war die berühmte Walpurgisnacht, die in dieser Inszenierung Themen wie Sexualität und Konsumgesellschaft kritisch, provokant und vor allem außergewöhnlich, aufgriff.
Weitere Rollen wie Valentin, Gretchens Bruder (Calvin-Noel Auer), Marthe (Anna Windmüller), der Theaterdirektor (Bastian Heidenreich), Schüler/Frosch (Martin Esser) oder Musiker (Johannes Winde) rundeten das Ensemble ab. Immer wieder wurde das Publikum direkt angesprochen oder sogar einbezogen. Ein Theater, das mitreißt, provoziert und zum Nachdenken anregt!
Die dreieinhalbstündige Aufführung (inkl. Pause) endete mit einem symbolischen Moment, als Faust versucht, die verurteilte Grete zu retten – während im Hintergrund der Uhrzeiger laut tickt und sich das Licht verdunkelt.
Das Fazit der Schüler*innen: Eine außergewöhnliche, moderne Inszenierung eines klassischen Stoffes – anspruchsvoll, emotional, manchmal verwirrend, aber vor allem eins – ein Erlebnis, das lange im Gedächtnis bleibt und vielleicht sogar Lust auf mehr macht.
Gegen 14:00 Uhr wurden wir von der Firma „Gessert“ in Weimar wieder abgeholt und fuhren alle gemeinsam zurück zum Gymnasium, wo ein besonderer Ausflug zu Ende ging.
Paul Hofmann
Kurs: 11/1